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Zwischen zwei Welten: Die Identitätssuche migrantischer Kinder

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Migration wird oft als Geschichte von Erwachsenen erzählt. Es geht um Eltern, die in einem neuen Land Arbeit suchen, sich mit Bürokratie auseinandersetzen, Sprachbarrieren überwinden. Doch Migration betrifft nicht nur Erwachsene – vielleicht betrifft sie Kinder sogar noch viel tiefgreifender. Denn Kinder wachsen zwischen zwei Welten auf: der Kultur ihrer Familie und der Gesellschaft, in der sie leben. Und diese beiden Welten lassen sich nicht immer leicht miteinander verbinden.

Für Kinder mit türkischem Migrationshintergrund in der Schweiz ist das besonders spürbar. Zu Hause wird Türkisch gesprochen, es gibt türkisches Essen, die traditionellen Feste werden gefeiert. Doch in der Schule, im Freundeskreis und auf der Straße begegnen sie einer anderen Kultur. Daraus entsteht häufig eine doppelte Identität. Das kann eine Bereicherung sein – aber manchmal auch eine innere Zerrissenheit.

Die Frage „Wer bin ich?“ in jungen Jahren

Es ist ganz normal, dass sich Kinder irgendwann fragen: „Wer bin ich?“ Doch Kinder mit Migrationshintergrund stellen sich diese Frage oft früher – und intensiver. Wenn ihr Name falsch ausgesprochen wird, wenn sie einen Witz erzählen wollen, den die Eltern nicht verstehen, oder wenn ihre Freund:innen einen Ausflug planen, der mit den familiären Vorstellungen nicht vereinbar ist… All diese kleinen Situationen können ein Gefühl von Anderssein auslösen.

Viele dieser Kinder erleben, dass sie zu Hause anders sind als draußen. Das kann zu einem Zugehörigkeitskonflikt führen: Sie fühlen sich nicht ganz hier – aber auch nicht mehr ganz dort. Dieses Gefühl, „zwischen den Stühlen zu sitzen“, begleitet viele bis ins Jugendalter – und kann sich in dieser sensiblen Entwicklungsphase noch verstärken.

Zwischen Familie und Schule eingeklemmt

Kinder aus migrantischen Familien übernehmen oft eine Art Vermittlerrolle – nicht nur sprachlich, sondern auch kulturell. Sie füllen Formulare aus, übersetzen bei Elterngesprächen oder helfen dabei, dass ihre Familie sich im neuen Umfeld zurechtfindet. Das kann einerseits stärken – ist aber auch eine große Verantwortung für ein Kind.

Gleichzeitig fällt es manchen Eltern schwer, die Kultur zu verstehen, in der ihre Kinder aufwachsen. Das kann zu Spannungen führen. Kinder wollen die in der Schule vermittelten Werte leben – während Eltern an den Traditionen der Herkunftskultur festhalten möchten. Solche Konflikte können das Selbstbewusstsein und die psychische Gesundheit der Kinder belasten.

Zweisprachigkeit und kulturelle Vielfalt als Stärke

Trotz dieser Herausforderungen muss das Aufwachsen in zwei Kulturen kein Nachteil sein. Im Gegenteil: Kinder, die zwischen Kulturen stehen, entwickeln oft besondere Fähigkeiten – etwa Perspektivwechsel, Empathie und kulturelle Sensibilität. Diese Kompetenzen sind in Schule, Ausbildung und Berufsleben von großem Wert.

Damit diese Potenziale wachsen können, brauchen Kinder jedoch Unterstützung. Schulen, Lehrpersonen und gesellschaftliche Institutionen sollten ein offenes Verständnis für doppelte kulturelle Identitäten zeigen. Gleichzeitig ist es wichtig, dass Familien ihren Kindern Raum geben, sich mit beiden Kulturen auseinanderzusetzen.

Brücken bauen – statt Mauern

Gerade hier kommt Solidaritätsvereinen, sozialen Initiativen und migrantischen Gemeinschaften eine entscheidende Rolle zu. Interkulturelle Veranstaltungen, zweisprachige Bildungsangebote, psychologische Unterstützung für Kinder und Workshops für Eltern – all das sind Möglichkeiten, um Brücken zu bauen.

Denn nur wenn Brücken existieren, können Kinder frei zwischen den Welten navigieren – ohne sich für eine Seite entscheiden zu müssen.

Wir sollten uns bewusst machen: Zwei Kulturen zu leben ist kein Mangel – es ist eine Brücke. Und jedes Kind, das auf dieser Brücke geht, trägt sowohl die Vergangenheit als auch die Zukunft in sich.

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Zwischen zwei Welten: Die Identitätssuche migrantischer Kinder

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Migration wird oft als Geschichte von Erwachsenen erzählt. Es geht um Eltern, die in einem neuen Land Arbeit suchen, sich mit Bürokratie auseinandersetzen, Sprachbarrieren überwinden. Doch Migration betrifft nicht nur Erwachsene – vielleicht betrifft sie Kinder sogar noch viel tiefgreifender. Denn Kinder wachsen zwischen zwei Welten auf: der Kultur ihrer Familie und der Gesellschaft, in der sie leben. Und diese beiden Welten lassen sich nicht immer leicht miteinander verbinden.

Für Kinder mit türkischem Migrationshintergrund in der Schweiz ist das besonders spürbar. Zu Hause wird Türkisch gesprochen, es gibt türkisches Essen, die traditionellen Feste werden gefeiert. Doch in der Schule, im Freundeskreis und auf der Straße begegnen sie einer anderen Kultur. Daraus entsteht häufig eine doppelte Identität. Das kann eine Bereicherung sein – aber manchmal auch eine innere Zerrissenheit.

Die Frage „Wer bin ich?“ in jungen Jahren

Es ist ganz normal, dass sich Kinder irgendwann fragen: „Wer bin ich?“ Doch Kinder mit Migrationshintergrund stellen sich diese Frage oft früher – und intensiver. Wenn ihr Name falsch ausgesprochen wird, wenn sie einen Witz erzählen wollen, den die Eltern nicht verstehen, oder wenn ihre Freund:innen einen Ausflug planen, der mit den familiären Vorstellungen nicht vereinbar ist… All diese kleinen Situationen können ein Gefühl von Anderssein auslösen.

Viele dieser Kinder erleben, dass sie zu Hause anders sind als draußen. Das kann zu einem Zugehörigkeitskonflikt führen: Sie fühlen sich nicht ganz hier – aber auch nicht mehr ganz dort. Dieses Gefühl, „zwischen den Stühlen zu sitzen“, begleitet viele bis ins Jugendalter – und kann sich in dieser sensiblen Entwicklungsphase noch verstärken.

Zwischen Familie und Schule eingeklemmt

Kinder aus migrantischen Familien übernehmen oft eine Art Vermittlerrolle – nicht nur sprachlich, sondern auch kulturell. Sie füllen Formulare aus, übersetzen bei Elterngesprächen oder helfen dabei, dass ihre Familie sich im neuen Umfeld zurechtfindet. Das kann einerseits stärken – ist aber auch eine große Verantwortung für ein Kind.

Gleichzeitig fällt es manchen Eltern schwer, die Kultur zu verstehen, in der ihre Kinder aufwachsen. Das kann zu Spannungen führen. Kinder wollen die in der Schule vermittelten Werte leben – während Eltern an den Traditionen der Herkunftskultur festhalten möchten. Solche Konflikte können das Selbstbewusstsein und die psychische Gesundheit der Kinder belasten.

Zweisprachigkeit und kulturelle Vielfalt als Stärke

Trotz dieser Herausforderungen muss das Aufwachsen in zwei Kulturen kein Nachteil sein. Im Gegenteil: Kinder, die zwischen Kulturen stehen, entwickeln oft besondere Fähigkeiten – etwa Perspektivwechsel, Empathie und kulturelle Sensibilität. Diese Kompetenzen sind in Schule, Ausbildung und Berufsleben von großem Wert.

Damit diese Potenziale wachsen können, brauchen Kinder jedoch Unterstützung. Schulen, Lehrpersonen und gesellschaftliche Institutionen sollten ein offenes Verständnis für doppelte kulturelle Identitäten zeigen. Gleichzeitig ist es wichtig, dass Familien ihren Kindern Raum geben, sich mit beiden Kulturen auseinanderzusetzen.

Brücken bauen – statt Mauern

Gerade hier kommt Solidaritätsvereinen, sozialen Initiativen und migrantischen Gemeinschaften eine entscheidende Rolle zu. Interkulturelle Veranstaltungen, zweisprachige Bildungsangebote, psychologische Unterstützung für Kinder und Workshops für Eltern – all das sind Möglichkeiten, um Brücken zu bauen.

Denn nur wenn Brücken existieren, können Kinder frei zwischen den Welten navigieren – ohne sich für eine Seite entscheiden zu müssen.

Wir sollten uns bewusst machen: Zwei Kulturen zu leben ist kein Mangel – es ist eine Brücke. Und jedes Kind, das auf dieser Brücke geht, trägt sowohl die Vergangenheit als auch die Zukunft in sich.

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